Was man NICHT schreiben sollte

Was man NICHT schreiben sollte

Sprache ist das Werkzeug, das wir Autoren benutzen, um Geschichten zu erzählen, und wie bei allen Werkzeugen kommt es auf die richtige Verwendung an. Ich mag die besondere Ausdruckskraft der deutschen Sprache, die Terry Pratchett einmal so beschrieb: »Deutsch ist eine hervorragende Sprache für das Bauen guter Autos.« Als er diese Worte formulierte, wusste er noch nichts vom Abgasskandal und all den kleinen und großen Mogeleien. Er meinte, dass die deutsche Sprache sehr präzise sein kann, präziser vielleicht als zum Beispiel das Englische. Ein Ingenieur muss sein präzises Werkzeug präzise einsetzen, wenn er ein gutes Auto oder eine gute Maschine entwickeln will. Das gilt auch für den Autor: Um gut zu schreiben und eine gute Geschichte zu erzählen, sollte ihm klar sein, was die von ihm benutzten Worte bedeuten. Er sollte sich insbesondere vor »false friends« hüten, den »falschen Freunden« in anderen Sprachen. Denn nicht alles, was ähnlich klingt, hat auch eine ähnliche Bedeutung.

Ich nenne hier fünf Beispiele sprachlicher Unkorrektheit, denen wir jeden Tag begegnen und die in einem handwerklich ordentlichen Roman nichts zu suchen haben:

1. Sinn machen.
»It makes sense«, sagt man im Englischen, und im korrekten Deutsch wird daraus nicht etwa »Es macht Sinn«, sondern »Es ergibt (einen) Sinn.«

2. Ultimativ
Wo hört man es nicht überall: Das ultimative Waschmittel, der ultimative Computer, die ultimative Lösung. Ursprung ist das englische »ultimate«, was korrekt übersetzt »endgültig« bedeutet. Ich erinnere mich an eine Zeit, als dieser »falsche Freund« mit »ultimat« übersetzt wurde, was noch schlimmer ist als »ultimativ«, das sich im Deutschen auf »Ultimatum« bezieht. Ein Waschmittel als Ultimatum? Wohl kaum. Gemeint ist »vortrefflich« oder »unübertreffbar«.

3. Charakter
Gemeint ist die falsche Übersetzung des englischen Begriffs »character« wie in: »The novel has some interesting characters«, was keineswegs »Im Roman erscheinen einige interessante Charaktere« heißt. Gemeint sind Romanfiguren. Eine Romanfigur kann einen interessanten Charakter haben, aber da hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf.

4. Scheinbar
Noch immer sehr beliebt: die Verwechselung von scheinbar und anscheinend. Das erste Wort drückt aus, dass der Schein tatsächlich trügt, während das zweite einen Eindruck vermittelt, von dem (noch) nicht bekannt ist, ob er stimmt oder nicht. Ein Autor, der etwas auf sich hält, sollte den Unterschied kennen.

5. Realisieren
Auch hier haben wir einen »falschen Freund«. Aus dem englischen »to realize« (verstehen, begreifen) wird einfach ohne nachzudenken »realisieren« gemacht, wie zum Beispiel: »Er realisierte, dass er sich irrte.« 🙂 Und ja, er irrte tatsächlich, denn im Deutschen bedeutet »realisieren« so viel wie »verwirklichen« oder »in die Tat umsetzen«.

Überhaupt scheint das Nachdenken beim Übersetzen englischer Begriffe in die deutsche Sprache immer mehr aus der Mode zu kommen. So hatte ich neulich das zweifelhafte Vergnügen, in einem übersetzten Roman den Satz »Sie schlugen das Tageslicht aus ihm« zu lesen. Wer sich im Englischen ein wenig auskennt, weiß sofort,  worum es geht: »They beat the (living) daylight out of him.« Auf Deutsch: »Sie schlugen ihn windelweich« (oder meinetwegen auch grün und blau). Mit Tageslicht hat das wenig zu tun.

Falsches wird durch wiederholte Anwendung nicht richtig, sollte man meinen, aber das gilt (leider?) nicht für Sprache. Wird ein falscher Begriff über die Jahre hinweg oft genug verwendet, adelt ihn schließlich ein Eintrag im Duden. Ich schätze, das wird früher oder später auch mit den genannten »false friends« geschehen. Was ich schade finde, denn damit geht ein Teil der Präzision der deutschen Sprache verloren.

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert